Gerettet, aber allein? Bei uns nicht! BERICHT
Ökumenische Solidaritätsaktion St. Bartholomäus 2015 unterstützt das Projekt der Rummelsberger Diakonie - die heilpädagogische Wohngruppe unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im ehemaligen ELJ-Heim Wiesenbronn.
Im ökumenischen Eröffnungsgottesdienst am Samstagabend 14.3. in der katholischen Kirche wurde noch einmal offiziell die Summe von 3.300€ bekanntgegeben, die die ökumenische Kollekten 2014 für die MISEROR-Aktion Schule in Aleppo ergeben hatte.
Der nachdenkliche Gottesdienst wurde von Pfr. Steigerwald/Hanstein und Projektleiter Diakon Günter Schubert gestaltet. Pfarrer Hanstein stellte fest, dass angefangen von Adam und Eva über Jakob, Ruth und David bis zu der nach Ägypten gegangenen Heiligen Familie mit den neugeborenen Jesus die Bibel Flucht und Vertreibung kennt. Mehr noch: immer haben diese Flüchtlinge einen besonderen Auftrag zu erfüllen. Es wird klar, das Gott selbst durch die Fremdlinge handelt und sie deshalb in seinen Geboten unter besonderem Schutz stehen.
Anschließend im evang. Gemeindehaus konnte Pfarrer Hanstein zusätzlich Diakon Werner Pfingstgraef begrüßen, den Leiter der Migrationsdienste, der anschaulich und eindrücklich aus großer Erfahrung mit der Notaufnahmestelle für jugendliche Flüchtlinge ihre besondere Situation erzählte und erklärte. Er hob vor alle auch den großen Lernfähigkeit diese jungen Menschen hervor.
Diakon Schubert erläuterte den Stand des Projekts: Aus Sicht des Trägers und der Behörden ist die Ausstattung des ehemaligen ELJ-Heims geeignet. Im Moment laufen Stellenausschreibungen. Diakon Schubert plant, dass es Mitte April / Anfang Mai losgeht.
Zehn Jugendliche zwischen 14 und 18 max. 21 Jahren können hier begleitet werden. Es kann maximal bis zum 21. Lebensjahr verlängert werden, wenn sie in der Ausbildung stehen. Ziel oder Wunsch wäre die Jugendlichen so „jung" wie möglich zu bekommen, um ihnen eine solide Ausbildung, gute Chancen geben zu können. Die Jugendlichen werden auf Selbständigkeit vorbereitet, müssen z.B. selbst kochen und waschen.
Die Spenden unserer ökumenischen Aktion werden für eine Fahrradwerkstatt verwendet, um den Jugendlichen Mobilität zu ermöglichen. Auch Bevölkerung und Vereine können eine Eingliederung erleichtert, wenn diese offen auf die Jugendlichen zugehen.
Für Spenden liegen in den Kirchen Flyer aus.
In der anschließenden Diskussion informierte Diakon Pfingstgraef über die allgemeine Situation von jugendlichen unbegleiteten Flüchtlingen in Deutschland und Bayern. 2014 kamen ca. 3.400 unbegleitete Jugendlichen nach Bayern. In München selbst leben ca. 800 nahezu unversorgt (Unterkunft in Sporthallen). Der Landkreis Kitzingen ist verpflichtet adäquate Unterkünfte zu stellen. Verteilung von Erwachsenen Flüchtlingen erfolgt nach dem Königsteiner Schlüssel (für Bayern 15,2 %). Bei Jugendlichen zählt bislang noch, dass sie in dem Land aufgenommen werden müssen, in dem sie einreisen (meist Bayern) - dies soll sich durch eine Gesetzesänderung (Initiiert auf Bundesratsinitiative) dann 2016 ändern. In 2014 hatte man mit 600 jugendlichen Flüchtlingen gerechnet, aber 3.400 Jugendlichen sind gekommen.
Die Jugendliche kommen aus Ostafrika / Eritrea (darunter viele Christen), Somalia, Äthiopien, seit letzten August viele aus Syrien, Afghanistan, Ägypten und demnächst werden viele auch aus Nord-Irak erwartet.
Schwierig ist auch der unterschiedliche Schulbildungsstand. Einige sind Analphabeten, andere haben schon eine gute Schulausbildung. Jugendliche sind alle sehr motiviert und wissbegierig. Meist können sie nach ¼ Jahr schon allgemeine deutsche Unterhaltungen führen und verstehen.
Der Landkreis Kitzingen muss für 2014 - 20 Jugendliche aufnehmen / für 2015 wieder 20.
In Marktbreit hat die AWO bereits so eine Unterkunft.
C Fragen und Antworten:
Wie ist es mit Dolmetschern?
Werden noch gesucht /sind wichtig. Ebenso ehrenamtliche, die Deutsch unterrichten können (wer einen pensionierten Lehrer weiß - bitte melden)
Wie ist es mit den verschiedenen Religionen?
Oft kein Problem. Wichtig ist jedoch, dass eine gute Mischung vorhanden ist. Wenn zu viele von einer Religion oder Sprache in der Gruppe, können oft die Minderheiten zum Außenseiter werden. Je mehr Differenz vorhanden, umso eher wird die gemeinsam erlernte Sprache Deutsch gesprochen.
Wer ist für die Belegung zuständig?
Kommt von der unterfränkischen Regierung
Wie ist die Versorgung?
Unterkunft bleibt Selbstversorgerhaus. Die Flüchtlinge müssen sich selbst versorgen.
Situation von Kindern mit Familien in Gemeinschaftsunterkünften
Bei der Situation der Kinder und Jugendlichen von asylsuchenden Familien gesprochen - hier ist auch noch viel Handlungsbedarf und es wird in nächster Zukunft immer brisanter, denn die Kinder von diesen Familien sind nach einem ¼ Jahr Aufenthalt genauso schulpflichtig wie deutsche Kinder.
Fröhstockheim/Rödelsee, 15. März 2015
M. Neuweg und JPH
Gerettet - aber allein
Das Thema Flüchtlinge bestimmt auch 2015 die ökumenischen Kollekte der Kirchengemeinden in Rödelsee und Fröhstockheim. Im Zentrum stehen Jugendliche, die in Deutschland ohne Begleitung gelandet sind. Solche "unbegleiteten Flüchtlinge" brauchen mehr noch als andere Unterstützung und Hilfe, um die Situation hier bei uns meistern zu können. Die Diakonie Rummelsberg hat das ehemalige Evangelische Landjugendhaus in Wiesenbronn angemietet, um eine heilpädagogische Wohngruppe für unbegleitete Minderjährige im April 2015 zu eröffnen. Projektleiter Diakon Günter Schubert gestaltet den ökumenischen Gottesdienst „Gerettet - aber allein" mit und steht anschließend Rede und Antwort über die aktuelle Situation und die Konzeption Im evangelischen Gemeindehaus Rödelsee. Er wird Geschichten von Flüchtlingen erzählen und darstellen, wie auch die umliegenden Ortschaften sich beteiligen können, dass die Jugendlichen zwischen 15 und 18 Jahren eingliedern.
Herzliche Einladung!
Ökumenischer Gottesdienst
Samstag 14. März 18:30 Uhr Kath. Kirche Rödelsee
Anschließend Empfang im Evang. Gemeindehaus Rödelsee
„Die Heilpädagogische Wohngruppe für unbegleitete Minderjährige im ehemaligen ELJ-Heim Wiesenbronn"
Projektleiter Diakon Schubert, Diakonie Rummelsberg
Impulsvortrag über Situation und Konzeption. Anschließend Gespräch und Imbiss mit internationalem Fingerfood und Getränken
---------------------
Bild: © evangelisch.de
In großen Lettern steht "Home, sweet Home" über der Eingangstür der Clearingstelle im oberbayerischen Erding.
--------------------------
Weitere Infos zum Artikel
Weltweit befinden sich mehr als 43 Millionen Menschen auf der Flucht. Etwa die Hälfte davon sind laut UN-Flüchtlingshilfe Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Die meisten von ihnen fliehen vor Gewalt oder wirtschaftlicher Not. Manche verlieren ihre Angehörigen im Krieg oder werden auf der Flucht von ihnen getrennt, andere werden von ihren Familien nach Europa geschickt. Diejenigen, die ohne eine erwachsene Begleitperson aus ihrer Heimat fliehen, werden "unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge" genannt. Nach Expertenangaben gehören etwa fünf Prozent aller Asylsuchenden in Westeuropa zu dieser Gruppe. Ihre Zahl wird auf 50.000 geschätzt. Die jungen Flüchtlinge sind häufig traumatisiert und fühlen sich entwurzelt. Verschiedene internationale Übereinkommen, wie etwa die UN-Kinderrechtskonvention, versprechen ihnen daher besonderen Schutz. So haben sie rechtlichen Anspruch auf Unterkunft, medizinische Versorgung, Bildung und Betreuung, wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erklärt. Dort stellten im vergangenen Jahr 2.096 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge einen Asylantrag. Sie stammten vor allem aus Afghanistan, Syrien und dem Irak.